Leadership ist keine Frage des Titels – sondern des Übergangs.
Was brauchen Start-ups, wenn sie wachsen? Johannes Heinloth von der L-Bank erklärt im Interview, warum Führung zur Schlüsselkompetenz wird – und wie das Scale-up Leadership Programm Gründerinnen und Gründern den nötigen Rückenwind gibt.
Von Ariane Lindemann
Warum fördert die L-Bank das Scale-up Leadership Programm der CyberForum Akademie?
Leadership ist ein zentrales Element beim Übergang eines Start-ups in ein Unternehmen mit zunehmend komplexer werdenden Prozessen. Die Gründerinnen und Gründer haben in ihrer Funktion als Geschäftsführung nicht mehr zu jeder Zeit den direkten Kontakt zu den Mitarbeitenden. Für junge Unternehmen ist diese Phase oft eine Sollbruchstelle in ihrer Entwicklung. Wir unterstützen seit 2024 das Scale-up Leadership Programm der CyberForum Akademie. Damit vermitteln wir den Gründerinnen und Gründern die passenden Skills für den weiteren Erfolg.
Was brauchen Gründerinnen und Gründer heute, um ihr Unternehmen nachhaltig erfolgreich zu skalieren?
Sie müssen den Bedarf ihrer Kundinnen und Kunden verstehen, permanent dazulernen und heute viel schneller auf Veränderungen reagieren können. Einerseits haben Digitalisierung und insbesondere disruptive KI-Entwicklungen die Reaktionszeit beträchtlich verkürzt. Andererseits müssen sich Unternehmen einer Vielzahl multipler Krisen und Herausforderungen stellen. Das kann eine Geschäftsleitung in aller Regel nicht allein stemmen. Erfolg ist heute in erster Linie mit Teams möglich, die unabhängig von Hierarchie und Disziplin zusammenarbeiten, wenn es die Situation erfordert.
Worin liegt für Sie die besondere Herausforderung in der Scale-up-Phase im Vergleich zur Gründung?
Gerade bei der Gründung kleiner Unternehmen machen am Anfang meist alle alles. Der Ausgang ist eine gute Geschäftsidee. Alle ziehen an einem Strang. Mehrheitlich finden sich bei einer Gründung Menschen zusammen, die die Idee gemeinsam entwickelt haben. Alle haben das gleiche Mindset. In der Scale-up-Phase kommen unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Denkansätzen zusammen. Die Firmenleitung muss alle Charaktere und Aufgaben unter einen Hut bringen. Zugleich muss aber auch das Wachstum finanziert, neue Büros oder Werkstätten müssen gefunden und vieles mehr organisiert werden. Die bisher überschaubare Gründungswelt wird komplexer. Außerdem müssen die Gründerinnen und Gründer lernen, Kompetenzen abzugeben und loszulassen. Aus dem Machen wird immer häufiger ein Delegieren.
Was unterscheidet das Scale-up Leadership Programm von klassischen Fördermaßnahmen?
Klassische Fördermaßnahmen sind in der Regel direkte finanzielle Zuwendungen in Form verbilligter Kredite. Daneben gibt es noch Zuschüsse oder monetäre Unterstützungen wie die Innovationsgutscheine für kleine und mittelgroße Unternehmen. Diese Förderungen sind oft essenziell für die Unternehmen. Das Scale-up Leadership Programm nimmt einen konkreten Bezug auf die Situation der Gründerinnen und Gründer. Die Teilnehmenden werden während des gesamten Programms individuell gecoacht. Zugleich bietet es praktische Werkzeuge, die aufgrund der überschaubaren „Klassengröße“ unmittelbar auf die Scale-ups abgestimmt sind.
Wie wichtig sind starke regionale Partnernetzwerke wie das CyberForum für eine wirkungsvolle Unterstützung von Scale-ups?
Regionale Netzwerke sind per se die Grundlage für einen gewinnbringenden Austausch. Wir Menschen brauchen das Miteinander mit Gleichgesinnten und dieses idealerweise primär aus dem räumlich näheren Umfeld. Regionale Netzwerke wissen um die jeweiligen Bedürfnisse oder erkennen diese oft schneller als beispielsweise bundesweite Initiativen.
Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell im baden-württembergischen Innovationsökosystem?
Das Gründungs- und Innovationsökosystem in Baden-Württemberg war schon immer hervorragend. In den letzten Jahren hinzugekommen ist ein immer höherer Grad an Vernetzung zwischen den einzelnen Akteuren. Die Professionalisierung in der Gründungs- und Wachstumsförderung hebt dabei zusätzliche Potenziale. Nehmen wir das Frühphasen-Programm Pre-Seed – ein Erfolg durch und durch. Dieses Instrument für innovative Gründungsvorhaben besteht aus einer mindestens 20-prozentigen Risikobeteiligung durch einen Co-Investor (z. B. durch einen Accelerator wie dem CyberLab). Hinzu kommt eine Förderung durch das Land Baden-Württemberg. Inzwischen konnten wir rund 400 Gründungsvorhaben unterstützen. Viele der Vorhaben hätten ohne diese Kooperation vielleicht nie die Startrampe verlassen.
Wie sieht für Sie ein idealer Scale-up-Standort in fünf Jahren aus – und was braucht es, um dieses Ziel zu erreichen?
Es sollte keine Rolle spielen, wo sich ein Unternehmen gründet. Der Erfolg darf nicht abhängig von einer Region sein. Da sind wir in Baden-Württemberg auf einem sehr guten Weg. Als L-Bank arbeiten wir gemeinsam mit der Landesregierung und den vielen regionalen Netzwerken intensiv daran, Start-ups, Scale-ups und jungen Unternehmen die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu bieten, damit sich diese erfolgreich entwickeln können.
Was wünschen Sie sich von den Teilnehmenden des Programms – und was raten Sie ihnen für ihren Weg als Führungskraft?
Es zeigt sich immer wieder: Das Teilen von Erfahrungen vergrößert das Wissen aller. Silo-Denken und Abschottung stehen dem Erfolg entgegen. Die Teilnehmenden sollen offen mit ihren Zweifeln und Fragen umgehen. Auch dafür steht das Scale-up Leadership Programm. Ich kann jedem und jeder CEO oder Geschäftsführung nur empfehlen: Verfallen Sie nicht in die Rolle eines einsamen Wolfes oder einer verschwiegenen Chefin. Reden Sie mit Ihren Mitarbeitenden und in Ihren Netzwerken. Nicht immer wollen sie das hören, was man ihnen sagt. Aber: Hören Sie zu!
Was ist Ihre ganz persönliche Motivation, junge Unternehmen auf ihrem Weg zu begleiten?
Die Gründungsförderung ist fest in der DNA der L-Bank als Förderinstitution Baden-Württembergs verankert. Mir geht jedes Mal das Herz auf, wenn ich sehe: Menschen machen sich auf den Weg, eine Idee zum Laufen zu bringen. Wenn sie den Mut aufbringen, die Komfortzone einer Festanstellung zu verlassen oder aus dem universitären Umfeld heraus zu starten, um etwas zu bewegen, dann sind das die besten Voraussetzungen für den Gründungserfolg.
Johannes Heinloth ist seit 2017 Mitglied des Vorstands der L-Bank und zuständig für die Gründungs- und Wirtschaftsförderung.
Dieser Artikel wurde initial auf auf techtag.de am 01.07.2025 veröffentlicht | zum Original-Artikel